Nr. 545 vom 23.12.2025
Gemeinsam statt alleine: Neue Perspektiven für den Kleinprivatwald im Ostalbkreis
Viele Privatwaldbesitzer stehen vor denselben Problemen: kleine Flächen, hohe Kosten, wenig Zeit und immer neue Herausforderungen durch den Klimawandel. Eine Lösung bietet das Konzept der gemeinschaftlichen Waldbewirtschaftung, das eine Gruppe von Waldbesitzern und Forstleuten aus Schwäbisch Gmünd erarbeitet hat.
In den Jahren zwischen 2018 und 2022 haben deutschlandweit Stürme, Dürre und Borkenkäferbefall große Schäden in den Wäldern hinterlassen. Insbesondere in von Nadelwald geprägten Gebieten kam es zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten. Auch wenn die meisten Wälder und Waldbesitzer auf der Ostalb bisher vergleichsweise mit einem "blauen Auge" davongekommen sind, nehmen die Unsicherheiten angesichts des fortschreitenden Klimawandels zu. Die im Jahr 2024 veröffentlichten Ergebnisse der Bundeswaldinventur belegen eindrücklich, dass insbesondere der Kleinprivatwald im Ostalbkreis noch von Nadelbäumen dominiert wird. Der notwendige Umbau dieser Wälder hin zu mehr Stabilität und Resilienz erfordert in den kommenden Jahrzehnten zusätzlich enorme Anstrengungen.
Gerade der Kleinprivatwald ringt aber schon länger mit strukturellen Herausforderungen, die sich aus der Besitzzersplitterung ergeben und mit bisherigen Betreuungsangeboten von Forstverwaltung und Forstbetriebsgemeinschaften nicht gelöst werden konnten.
Zersplitterte Strukturen als Kernproblem
Im Ostalbkreis besitzen insgesamt rund 10.000 Privatwaldbesitzer zusammen ca. 18.000 Hektar Wald - das sind 29 Prozent der gesamten Waldfläche. Diese Fläche ist verteilt auf über 25.000 Flurstücke. Das bedeutet: eine Waldparzelle ist im Schnitt 0,7 Hektar groß – etwa die Größe eines Fußballfeldes. Dieses Eigentum eines durchschnittlichen Kleinwaldbesitzers verteilt sich auf 2,5 Parzellen, die oft voneinander getrennt liegen. Wenn dann noch eine Phase der so genannten Realteilung im Spiel war, können manche Waldgrundstücke nur wenige Meter breit, aber dafür mehre hundert Meter lang sein. Solche Parzellen lassen sich nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand bewirtschaften. Oft lässt sich nicht einmal ein Baum fällen, ohne dass er auf ein Nachbargrundstück fällt.
Hinzu kommen Entwicklungen, die man unter der Überschrift "Demographischer Wandel" zusammenfassen kann: Generationenwechsel und Erbschaften erschweren die Bewirtschaftung des Waldes zusätzlich, wenn sie mit einem Verlust von fachlichem Wissen und einer geringeren Bindung zum Wald einhergehen. Auch hier liefert die Bundeswaldinventur alarmierende Hinweise – ein steigender Anteil des Privatwaldes wird bereits nicht mehr aktiv bewirtschaftet.
Vom Einzelkämpfer zur Gemeinschaft
Die Gesamtheit dieser Entwicklungen fordert gleichermaßen Waldbesitzer und Politik heraus. Der Ruf nach starken, solidarischen Lösungen wird lauter – neue Angebote für Waldbesitzende sowie Eigentums- und Bewirtschaftungsmodelle gewinnen an Bedeutung. "Die Veränderung des Klimas und der Besitzstruktur führen dazu, dass Waldbewirtschaftung im Kleinprivatwald neu gedacht werden muss", fasst Jens-Olaf Weiher, Leiter der Kreisforstverwaltung, seine Motivation für das Projekt zusammen. "Kurzfristig soll der Wald so betreut werden, dass die Ausbreitung des Borkenkäfers möglichst verlangsamt und Vermögensschäden eingedämmt werden. Langfristig muss es unser aller Ziel sein, unsere Wälder so an die neuen klimatischen Gegebenheiten anzupassen, dass sie weiterhin die für uns als Gesellschaft wichtigen Ökosystemdienstleistungen erbringen können!" Hierzu zählen laut Weiher insbesondere der Schutz der Biodiversität, die Abmilderung von Schäden durch häufigere Extremwitterungsereignisse, der Kühleffekt, der Schutz vor Bodenerosion und das Auffüllen von Grundwasservorräten.
Was beinhaltet das Konzept im Detail?
In Weiler in den Bergen bei Schwäbisch Gmünd hat sich eine Projektgruppe zusammengefunden, um eine Lösung für diese Herausforderungen im Kleinprivatwald zu entwickeln. Neben der Forstbetriebsgemeinschaft Hornberg und der Kreisforstverwaltung ist die Firma Unique land use GmbH in Freiburg in das Vorhaben eingebunden. Hauptziel ist es, Waldgrundstücke von Privatwaldbesitzern zu bündeln und eine flächendeckende Waldbetreuung überhaupt erst zu ermöglichen, ohne Aufgabe des Realeigentums.
Kernidee sind so genannte lokale Bewirtschaftungsgemeinschaften: Gruppen von Waldbesitzern, die bereit sind, in einem Waldgebiet ihre jeweilige Waldfläche einzubringen, um zusammenliegende Areale für die Bewirtschaftung zu bündeln.
Eine professionelle Organisation agiert kreisweit als "Dach" für mehrere lokale Bewirtschaftungsgemeinschaften. Diese von Waldbesitzern zu gründende regionale Organisation hat keine finanziellen Eigeninteressen und versteht sich als transparenter Dienstleister für die Waldbesitzer. Jeder teilnehmende Waldbesitzer schließt einen individuellen Vertrag mit der Dachorganisation ab, der die Betreuung und Bewirtschaftung regelt und grundsätzlich zehn Jahre läuft.
Besonders innovativ ist, dass für jede lokale Bewirtschaftungsgemeinschaft ein Betriebsgutachten erstellt wird. Damit kann der Kleinprivatwald erstmals – wie aktuell schon die Gemeindewälder – auf der Basis einer professionellen Inventur und (Finanz-)Planung betreut werden. Mithilfe von modernen Fernerkundungsverfahren (Drohnen- und Satellitendaten) werden die Waldflächen innerhalb der lokalen Bewirtschaftungsgemeinschaft unabhängig von den Besitzgrenzen in einheitliche Bestandsgeruppen unterteilt. Diese grenzen sich durch die vorgefundene Waldstruktur (Baumartenanteil, Alter, Holzvorrat etc.) und das angestrebte Behandlungsziel voneinander ab und bilden die Grundlage der künftigen Bewirtschaftung. Am Jahresende werden sämtliche Kosten und Erlöse innerhalb der jeweiligen Bestandesgruppe – gerecht, aber dennoch solidarisch – auf der Basis der Flächenanteile verrechnet.
Die Bündelungsorganisation organisiert die Betreuung und Bewirtschaftung der Waldflächen auf der Basis der vertraglichen Vereinbarungen. Dabei kooperiert sie mit regional bewährten Partnern wie den jeweiligen Forstbetriebsgemeinschaften (FBG), der Kreisforstverwaltung (UFB), lokalen Forstunternehmern und der Holzvermarktungsgemeinschaft Schwäbisch-Fränkischer Wald Ostalb (HVG). Zudem ist es ihr Ziel und ihre Aufgabe, Fördermittel und alternative Einnahmequellen für die Waldbesitzer-Gemeinschaft einzuwerben und die Interessen der Waldbesitzer nach außen zu vertreten.
Für wen ist der Gemeinschaftswald sinnvoll?
Bernhard Feifel, Vorstand der Forstbetriebsgemeinschaft Hornberg, und einer der Mitinitiatoren des Projektes, erklärt: "Die meisten Waldbesitzer wollen, dass nach ihrem Wald geschaut wird und langfristig etwas Sinnvolles damit geschieht. Gemeinsam lässt sich mehr erreichen – ökologisch, organisatorisch und wirtschaftlich. Unser Konzept der gemeinschaftlichen Waldbewirtschaftung ist insbesondere für die Waldbesitzer interessant, die einerseits eine nachhaltige Betreuung und Bewirtschaftung ihres Waldes sicherstellen wollen, sich aber andererseits um seine Bewirtschaftung nicht mehr selbst kümmern können oder möchten."
Letzteres kann passieren, wenn durch einen Generationenwechsel das notwendige Fachwissen verloren geht oder die technische Ausrüstung zur Waldbewirtschaftung fehlt oder Kinder und Erben schlicht nicht mehr vor Ort wohnen. "Dadurch, dass wir ein Konzept auf vertraglicher Basis entwickelt haben, kommen wir denen entgegen, die eine enge Bindung an ihren Wald haben und ihn weiterhin in Familienbesitz halten möchten", so Feifel.
Weitere finanzielle Vorteile einer Kooperation liegen auf der Hand: Erst durch eine gebündelte Beauftragung wird der Kleinprivatwald wieder für Forst-Dienstleistungsunternehmen interessant. Zudem lassen sich Kosten einsparen bei der Materialbeschaffung, Auftragsvergabe sowie bei Gebühren und Abgaben. Gleichzeitig entstehen bessere Vermarktungsmöglichkeiten durch größere, gebündelte Holzmengen. Die Solidargemeinschaft puffert die finanziellen Belastungen ihrer Mitglieder in Krisensituationen.
Wie geht es weiter?
Das Konzept der gemeinschaftlichen Waldbewirtschaftung wird im Frühjahr 2026 den Waldbesitzern in der Pilotregion Weiler in den Bergen / Hornberg vorgestellt. Die praktische Umsetzung ist noch im Laufe des Jahres vorgesehen. Jens-Olaf Weiher gibt sich optimistisch: "Das Modell lebt von der Partizipation – wenn es sich bewährt und weitere Waldbesitzer mitmachen möchten, ist eine Ausweitung auf weitere Regionen des Ostalbkreises der nächste Schritt."
Die Initiative im Bereich Weiler in den Bergen ist Teil des Projekts DIANA ("Im Dialog zu neuen Angeboten für Waldbesitzende") des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, das die Initiierung gemeinschaftlicher Waldbewirtschaftung fördert. Das Modelprojekt im Ostalbkreis ist Bestandteil der Waldstrategie 2050 des Landes ( mlr.baden-wuerttemberg.de/de/unsere-themen/wald-und-naturerlebnis/wald-im-klimawandel/waldstrategie-bw ).


Ostalbkreis auf Facebook
Zum Schutz der Daten und der Privatsphäre unserer Nutzer setzt www.ostalbkreis.de das bewährte Zwei-Klick-Verfahren ein.Der Nutzer hat die Möglichkeit, die Buttons manuell zu aktivieren und damit die Verbindung zu seinem bevorzugten Netzwerk herzustellen. Mit dem Klick auf einen der Buttons stimmen Sie der Übermittlung Ihrer Daten an den jeweiligen Betreiber des sozialen Netzwerks zu.
Ostalbkreis auf YouTube
Zum Schutz der Daten und der Privatsphäre unserer Nutzer setzt www.ostalbkreis.de das bewährte Zwei-Klick-Verfahren ein.Der Nutzer hat die Möglichkeit, die Buttons manuell zu aktivieren und damit die Verbindung zu seinem bevorzugten Netzwerk herzustellen. Mit dem Klick auf einen der Buttons stimmen Sie der Übermittlung Ihrer Daten an den jeweiligen Betreiber des sozialen Netzwerks zu.
Ostalbkreis auf X (Twitter)
Zum Schutz der Daten und der Privatsphäre unserer Nutzer setzt www.ostalbkreis.de das bewährte Zwei-Klick-Verfahren ein.Der Nutzer hat die Möglichkeit, die Buttons manuell zu aktivieren und damit die Verbindung zu seinem bevorzugten Netzwerk herzustellen. Mit dem Klick auf einen der Buttons stimmen Sie der Übermittlung Ihrer Daten an den jeweiligen Betreiber des sozialen Netzwerks zu.
Ostalbkreis auf Instagram
Zum Schutz der Daten und der Privatsphäre unserer Nutzer setzt www.ostalbkreis.de das bewährte Zwei-Klick-Verfahren ein.Der Nutzer hat die Möglichkeit, die Buttons manuell zu aktivieren und damit die Verbindung zu seinem bevorzugten Netzwerk herzustellen. Mit dem Klick auf einen der Buttons stimmen Sie der Übermittlung Ihrer Daten an den jeweiligen Betreiber des sozialen Netzwerks zu.