Nr. 40 vom 26.01.2024
"Ich habe einen Traum… - und hier beginnt meine Geschichte"
Hochmotiviert und gebildet - viele Geflüchtete aus der Ukraine wollen sich schnell in die Gesellschaft einbringen und Arbeit aufnehmen. Oft stoßen sie dabei auf bürokratische Hürden und eine scheinbar unüberwindbare Sprachbarriere. Das Beispiel einer geflüchteten Ukrainerin aus Schwäbisch Gmünd zeigt, dass es mit viel Mut, Motivation und Unterstützung dennoch möglich ist, seinen Platz in der Gesellschaft und eine neue Heimat in einem zuvor fremden Land zu finden.
Oksana Kholina kam im März 2022 auf der Flucht vor dem Krieg in ihrer Heimat von Kiew nach Deutschland. Die ersten drei Wochen wurde sie in Abtsgmünd untergebracht, zog dann aber nach Schwäbisch Gmünd. "Hier beginnt meine Geschichte", berichtet die Ukrainerin. "Die Stadt gefällt mir einfach sehr gut und ich fühle mich hier wohl." Der Anfang war dennoch nicht leicht für Oksana Kholina. Sie konnte kein Wort Deutsch sprechen, verständigte sich auf Englisch und wusste nicht, wie ihr Leben in Deutschland aussehen würde. "Es war sehr stressig für mich. Ich habe nicht verstanden, was ich tun muss, war alleine in einem neuen Land und hatte große Angst." Kholina, die ohne ihre Familie nach Deutschland kam, suchte auf einer Informationsveranstaltung für Ukrainer Hilfe und lernte dabei Mitarbeiterinnen der Aktion Jugendhilfe in Ostwürttemberg, kurz AJO e.V., kennen.
Auf diese Veranstaltung folgte eine sechsmonatige Teilnahme an dem ESF(europäischer Sozialfonds)-geförderten Projekt "AL AMAL". Während dieser Zeit erhielt Kholina die Unterstützung und Hilfe, die sie benötigte: gemeinsam wurden Anträge gestellt, ein Konto eröffnet, ein Umzug organisiert und ein Überbrückungssprachkurs mit anschließendem Integrationskurs arrangiert. Das Projekt, welches Frauen mit Migrationshintergrund in den Landkreisen Ostalbkreis und Heidenheim während der gesamten Berufswegplanung unterstützt, half Oksana Kholina vorerst bei allen bürokratischen Angelegenheiten und begleitete die Ukrainerin bis zum Sprachniveau B1. Die AJO e.V. sollte jedoch auch auf ihrem weiteren Integrationsweg eine zentrale Rolle spielen - im Anschluss an das Projekt nahm die Ukrainerin mit Unterstützung durch das Jobcenter am Frauenprojekt teil und erhielt somit Hilfe im gesamten Bewerbungsprozess.
"Ich bin der AJO und vor allem Frau Bekar unendlich dankbar. Es ist so schön, dass es Menschen gibt, die einen auf diesem Weg begleiten und unterstützen", betont die 49-Jährige.
Kholina, die bis zu ihrer Flucht nach Deutschland als Grafikdesignerin und Fotografin für Neugeborene tätig war, fand mit Unterstützung von Zeynep Bekar, Projektmitarbeiterin Frauenprojekt der AJO e.V., eine Arbeitsstelle im Blindenheim Schwäbisch Gmünd als Stationshilfe in Teilzeit. Während sie in den Morgenstunden täglich ältere und pflegebedürftige Menschen unterstützte und ihnen das Frühstück in der Kantine aushändigte, arbeitete sie jeden Nachmittag an ihren Deutschkenntnissen.
"Die deutsche Sprache eröffnet dir alle Möglichkeiten. Ich habe selbst die Mittagspause bis zum Beginn des Sprachkurses in der Bibliothek verbracht und gelernt", erzählt Kholina.
Inzwischen besucht die fleißige Ukrainerin den B2-Sprachkurs und hat ihre Arbeitsstunden auf den Nachmittag gelegt. Neben Arbeit und Sprachkurs engagiert sie sich zusätzlich ehrenamtlich im Ukrainischen Verein in Schwäbisch Gmünd. Auf die Frage, woher sie all die Kraft und Motivation nehme, antwortet Kholina entschlossen: "Ich habe einen Traum. Irgendwann möchte ich ein eigenes kleines Fotostudio in Schwäbisch Gmünd eröffnen."
Dass dieser Traum irgendwann Realität wird, daran zweifelt auch bei der AJO e.V. niemand.
"Frau Kholina hat während der letzten beiden Jahre eine tolle Entwicklung gezeigt. Als sie bei uns ankam, hat sie viel geweint und war verzweifelt. Inzwischen ist sie aufgeblüht, voller Tatendrang und Lebensfreude", so Zeynep Bekar von der AJO e.V.
Die beeindruckende Geschichte von Oksana Kholina zeigt, dass Unterstützung auf dem Integrationsweg ebenso unverzichtbar ist, wie das Überwinden der bürokratischen und sprachlichen Hürden. Eine große Portion Mut, Leidenschaft und Fleiß bietet die Chance auf ein eigenständiges Leben und eine Zukunft in Deutschland.
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