Nr. 564 vom 22.11.2022
Systemwechsel in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung - Ostalbkreis setzt pilotiert für alle Stadt- und Landkreise im Land Modellprojekt "selmA" mit KVJS und Stiftung Haus Lindenhof um
Nach 34 ganz- und halbtägigen Verhandlungstagen unterzeichneten am 22. November 2022 Landrat Dr. Joachim Bläse, die Verbandsdirektorin des KVJS-Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg Kristin Schwarz sowie die Vorstände der Stiftung Haus Lindenhof Prof. Dr. Wolfgang Wasel und Hermann Staiber die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung im Rahmen des Modellprojekts "selmA - selbst.bestimmt.leben. mit Assistenz". "Damit gehen wir einen wichtigen Schritt mit Beispielcharakter zur erfolgreichen Umsetzung des Landesrahmenvertrags Baden-Württemberg bei der Unterstützung von Menschen mit Behinderung", betonen die Unterzeichnenden im Aalener Landratsamt.
Bundesteilhabegesetz garantiert Recht auf Teilhabe
Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung erlebt durch das Bundesteilhabegesetz einen kompletten Systemwechsel und ist damit ein Meilenstein für Menschen mit Behinderung, deren Angehörige und Mitarbeitende der Träger. Im Fokus steht dabei die angemessene Unterstützung: weg vom klassischen Fürsorgesystem der Sozialhilfe, hin zu einem eigenständigen, modernen Recht auf Teilhabe. Persönliche Wünsche und Bedarfe der Menschen mit Behinderung werden nachhaltig erfasst und gleichberechtigte, vollumfängliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichergestellt. Nicht nur die Unterstützungsangebote werden dadurch individueller. Auch die Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern, also den Anbietern von stationären oder ambulanten Hilfen für behinderte Menschen, und den Stadt- und Landkreisen als Leistungsträgern gestaltet sich komplexer.
Seit 1. Januar 2020 werden Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen stärker personenzentriert und bedarfsbezogen finanziert. Sie sind somit nicht mehr zwangsläufig daran gekoppelt, ob ein Mensch in einer stationären Einrichtung lebt oder ein ambulantes Angebot in Anspruch nimmt. Der Ostalbkreis erbringt als Träger der Eingliederungshilfe die reinen Fachleistungen zur Teilhabe. Die Geldleistungen für den Lebensunterhalt und die Miete werden als existenzsichernde Leistungen gesondert über die Grundsicherung erbracht.
Landratsamt Ostalbkreis verhandelt als Pilotkreis
Für bisher rund 200 vertraglich festgehaltene Leistungsangebote der Eingliederungshilfe im Ostalbkreis bedeutet dies nun große Veränderungen. Die Stadt- und Landkreise als Eingliederungshilfeträger müssen mit den Leistungserbringern neue Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen abschließen. Grundlage hierfür bildet der am 29. Juli 2020 veröffentlichte Landesrahmenvertrag, der zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist.
Der Ostalbkreis hatte sich bereit erklärt, die Leistungssystematik "selmA - selbst.bestimmt. leben. mit Assistenz" pilotiert für alle Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg zusammen mit dem KVJS und der Stiftung Haus Lindenhof, diese wiederum nutzbringend für andere Leistungserbringer, zu verhandeln.
Vereinbarungen laufen ein Jahr
Die Wohngemeinschaft der Stiftung Haus Lindenhof "In der Vorstadt" diente als Beispiel für die Verhandlungen über die unterschiedlichsten Bedarfe und daraus resultierenden Leistungsangeboten. "Wir freuen uns, dass die Verhandlungen für das Modellprojekt inzwischen erfolgreich abgeschlossen werden konnten und wir nun die endgültige Leistungs- und Vergütungsvereinbarung, die vom 1. Dezember dieses Jahres bis Ende November 2023 Gültigkeit hat, unterschreiben können", so Landrat Dr. Bläse. Ganz konkret wird der Bedarf von Menschen mit Behinderung in dieser Leistungssystematik aus 12 Bausteinen zusammengesetzt. Neben Basisleistungen zählen u. a. Leistungen für Urlaub und Krankheit, zur Mobilität, zur individuellen Assistenz und Pflege oder auch Arzt- und Therapiebegleitung dazu. Innerhalb der jeweiligen Bausteine gibt es verschiedene Stufen und Intensitäten, um der Personenzentrierung des Bundesteilhabegesetzes gerecht zu werden.
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