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Pressemitteilung

Nr. 545 vom 15.11.2022

Gesundheitsversorgung der Zukunft: Probleme, Herausforderungen und Lösungsansätze

Rund 100 Bürgerinnen und Bürger informierten sich bei der diesjährigen öffentlichen kommunalen Gesundheitskonferenz des Ostalbkreises im Aalener Berufsschulzentrum am 27. Oktober 2022 über die Probleme und Herausforderungen, denen sich der Ostalbkreis mit seinen Gesundheitsakteuren und der Bevölkerung im Bereich der haus- und fachärztlichen Versorgung aktuell und in den kommenden Jahren stellen muss. Thema war auch, was die Bürgerinnen und Bürger im Ostalbkreis selbst tun können, um die Situation zu verbessern. Außerdem wurde darüber berichtet, mit welchen Maßnahmen und Modellen im Ostalbkreis versucht wird, die Versorgung sowohl im städtischen als auch ländlichen Raum weiterhin wohnortnah und auf qualitativ hochwertigem Niveau zu gewährleisten.

Das deutsche Gesundheitssystem steht vor großen Herausforderungen. Neben einer immer älter werdenden Bevölkerung und der damit verbundenen Zunahme chronischer Erkrankungen, herrscht gleichzeitig ein Mangel an medizinischem und pflegerischem Fachpersonal, wodurch die Wege für Patientinnen und Patienten weiter und die Wartezeiten für Arzttermine immer länger werden. Bereits bei der Begrüßung wies Landrat Dr. Joachim Bläse darauf hin, dass vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen die Sicherstellung und Aufrechterhaltung einer flächendeckenden und möglichst wohnortnahen medizinischen Versorgung auf hohem qualitativem Niveau auch hier im Ostalbkreis immer wichtiger und herausfordernder werden. Er betonte, dass sich daher die Ärzteschaften Aalen/Ellwangen und Schwäbisch Gmünd, die Kliniken Ostalb, die Kommunen und das Institut der Allgemeinmedizin der Universität Ulm gemeinsam auf den Weg gemacht haben, die Gesundheitsversorgung im Kreis zu sichern und weiterzuentwickeln.

Im ersten Vortrag gingen Dr. Alexander Stütz, Facharzt für Allgemeinmedizin und Notfallmedizin in Schwäbisch Gmünd, und Dr. Bertold Schuler, Facharzt für Innere Medizin in Schwäbisch Gmünd, auf die aktuellen Trends in der ambulanten Versorgung, wie die Überalterung der Hausärztinnen und -ärzte, die veränderten Ansprüche und Präferenzen der jungen Medizinerinnen und Mediziner sowie den Wunsch nach Teilzeittätigkeit ein. Dabei wurde deutlich, dass sich die Anzahl der Ärztinnen und Ärzten in Baden-Württemberg in den letzten Jahren erhöht hat, sich jedoch der Versorgungsumfang immer mehr reduziert. Die Nachbesetzung von hausärztlichen (Einzel-)Praxen wird dadurch immer schwieriger.
Aktuell sind 30,5 Hausarztstellen im Ostalbkreis unbesetzt. Dr. Schuler verwies darauf, dass es vor 30 Jahren noch ganz anders aussah. Er sprach von einer "Arztschwemme" in den 1990er-Jahren, zu welcher Zeit es Ärztinnen und Ärzte schwer hatten, überhaupt eine Stelle zu finden. Lösungen werden von den beiden Referenten vor allem in größeren Zusammenschlüssen oder innovativen Versorgungsmodellen wie der hausärztlichen Genossenschaft MEDWALD e.G. gesehen.

Dr. Jürgen Wacker, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in Schwäbisch Gmünd, und Dr. Walter Hauf, Facharzt für Orthopädie in Ellwangen, erläuterten, dass es auch im Bereich der fachärztlichen Versorgung Schwierigkeiten in der Nachfolgesuche gibt. „Wir überaltern und es gibt zu viele Einzelpraxen“, fasst Dr. Wacker zusammen. Dr. Wacker stellte die Vorteile der ambulanten im Vergleich zur stationären Versorgung vor. Diese biete ihm zufolge beispielsweise eine persönliche, individuelle, kostengünstige und kontinuierliche Betreuung der Patientinnen und Patienten, was Kliniken nicht leisten könnten. Als eine Lösung im fachärztlichen Bereich sehen die Referenten das Gesundheitsnetz Zukunft e.V., ein Zusammenschluss von 24 Ärztinnen und Ärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie im Ostalbkreis. Ziel dieses Netzwerks ist die Verbesserung und der Erhalt der orthopädisch-unfallchirurgischen Versorgung im Ostalbkreis sowie die Etablierung einer fachspezifischen orthopädischen Vorsorgeuntersuchung im Alter von zehn bis 14 Jahren. Dr. Hauf betonte: "Solch ein Netzwerk schafft Vertrauen, stärkt die Zusammenarbeit und ermöglicht Strukturen, mit denen die Versorgung im Ostalbkreis verbessert werden kann."

Diana Kiemel und Leonie Schönsee vom Gesundheitsamt des Landratsamts Ostalbkreis präsentierten in ihrem Vortrag, welche Möglichkeiten und Modelle zur Sicherstellung und Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung im Ostalbkreis gemeinsam mit den verschiedenen (Gesundheits-)Akteuren bereits entwickelt und umgesetzt wurden. Dazu zählt neben der hausärztlichen Genossenschaft MEDWALD e.G. auch das Gesundheitsnetz Schwäbischer Wald, ein dezentraler Zusammenschluss verschiedener Gesundheitsberufe und -institutionen. Auch stellten die Referentinnen neue Berufsfelder im Bereich der medizinischen Versorgung vor, mit denen die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft möglicherweise Kontakt haben werden. Vor allem im Gesundheitsnetz Schwäbischer Wald sollen diese zum Einsatz kommen. Ab November 2022 werden im Gesundheitsnetz zwei „Patientenlotsinnen“ tätig. Ab Februar 2023 soll eine Community Health Nurse (Gemeindeschwester) das Gesundheitsnetz verstärken. Und seit dem Wintersemester 2022/2023 kann an der Hochschule Aalen das Studium zum „Physician Assistant“ (Arztassistentin/Arztassistent) absolviert werden. Alle Modelle und neue Berufsfelder haben das Ziel, die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern sowie Ärztinnen und Ärzte im Schwäbischen Wald und im Ostalbkreis zu entlasten.

Dr. Karsten Gnauert, Chefarzt der Frauenklinik am Ostalb-Klinikum in Aalen, erläuterte in seinem Vortrag die Relevanz von Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von vielen Krankheiten und schilderte anschaulich, dass eine frühere Diagnose mit einer einfacheren Heilung einhergehe. Gleich zu Beginn seines Vortrags machte Dr. Gnauert deutlich, dass uns Vorsorgeuntersuchungen im Alltag nicht ganz unbekannt sind und verglich diese mit dem Waschen unserer Autos oder der alle zwei Jahre durchzuführenden Hauptuntersuchung (TÜV). Dies wird von den Bürgerinnen und Bürger ganz selbstverständlich durchgeführt. Die Teilnahmequoten der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland an der Vielfalt an Vorsorgeuntersuchungen im Bereich Gesundheit schneiden dagegen eher schlechter und im internationalen Vergleich niedriger ab. Dabei nehmen Frauen häufiger als Männer Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch. "Insgesamt haben wir in Deutschland, hier noch ganz schön Luft nach oben", fasst Dr. Gnauert zusammen.

Abschließend referierte Prof. Dr. Dieter Ahrens, Professor für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement im Studienbereich Gesundheitsmanagement an der Hochschule Aalen, über das Konzept der Gesundheitskompetenz, vor allem über die Kompetenzen, Gesundheitsinformationen zu finden, zu bewerten und diese anzuwenden. Dabei ging er auf die Über-, Unter- und Fehlinformation der Bevölkerung ein, welche unter anderem dadurch bedingt ist, dass die Qualität der Gesundheitsinformationen in verschiedenen Informationenportalen oft mäßig sei. Um die Gesundheitskompetenz in Deutschland zu stärken, ist es laut Prof. Ahrens wichtig, gute Gesundheitsinformationen bereitzustellen und die Kompetenzen der Bevölkerungen dafür zu schaffen bzw. zu stärken. Dies könne durch beispielsweise den Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz unterstützt werden. Abschließend gab Prof. Ahrens einen Ausblick auf das Thema Gesundheitskiosk und stellte verschiedene Portale im Internet wie gesund.bund.de vor, die Gesundheitsinformationen qualitativ hochwertig, verständlich und vertrauensvoll bereitstellten.

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion mit den Referenten kamen aus dem Publikum zahlreiche Fragen, die einen weiten Bogen über den besten Zeitpunkt zur Stärkung der Gesundheitskompetenz, die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen in der medizinischen Versorgung, die Frage "Wann und wie bin ich ein guter Patient?" und die Vor- und Nachteile von Vorsorgeuntersuchungen spannten.

Die nächste Kommunale Gesundheitskonferenz im Ostalbkreis findet am 18. Oktober 2023 statt.

Podiumsdiskussion bei der Gesundheitskonferenz 2022: (V. l.) Leonie Schönsee, Diana Kiemel, Dr. Alexander Stütz, Dr. Bertold Schuler, Dr. Jürgen Wacker, Dr. Walter Hauf, Prof. Dr. Dieter Ahrens, Dr. Karsten Gnauert und Landrat Dr. Joachim Bläse

Podiumsdiskussion bei der Gesundheitskonferenz 2022: (V. l.) Leonie Schönsee, Diana Kiemel, Dr. Alexander Stütz, Dr. Bertold Schuler, Dr. Jürgen Wacker, Dr. Walter Hauf, Prof. Dr. Dieter Ahrens, Dr. Karsten Gnauert und Landrat Dr. Joachim Bläse
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